Till Neumann gewinnt die Silbermedaille
von Finn Grove
Deutsche Jugendmeisterschaften Essen
„Es ist Achterzeit.“ Vieles haben wir in den vergangen Monaten der Pandemie vermisst. An oberster Stelle stand für unsere Leistungssportler die fehlende Perspektive auf Regatten zu starten. Wie groß war die Freude, als Ende Mai die endgültige Bestätigung für das Stattfinden der Deutschen Jahrgangsmeisterschaften auf dem Baldeneysee in Essen eintraf. Endlich wieder Regattafeeling, Wettkämpfe und Streckenreportagen mit den bekannten Stimmen unserer Regattakommentatoren. Das Team vom Essener Ruderregatta Verein hatte sich der Herausforderung angenommen, Deutsche Meisterschaften unter Pandemiebedingungen zu veranstalten und ein ausgeklügeltes Hygienekonzept entwickelt. Dazu gehörtes es, dass der komplette Sportbereich komplett abgesperrt wurde, tägliches Testen war selbstverständlich und Zuschauer waren nur begrenzt und auf festen Plätzen zugelassen.
Über 1350 Teilnehmer hatten in den Altersklassen U17, U19 und U23 gemeldet. Insgesamt waren fast 3000 Teilnehmer, Betreuer und Helfer akkreditiert wurden und dementsprechend präsentierte sich der Baldeneysee an allen vier Regattatagen von seiner besten Seite. Hohe Temperaturen und wenig Wind, wer Essen kennt, weiss, dass das auch anders sein kann.
Der DRC hatte vier heiße Eisen in den Kampf um die Medaillen geschickt. Unser Internatssportler Till Neumann machte den Auftakt. Über den Vorlauf direkt in das Halbfinale und dieses ebenfalls souverän gewonnen, bedeuteten die erste Finalteilnahme für den DRC. Nach den Vorergebnissen von Hamburg sollte hier eine Medaille, vielleicht sogar der Titel, in Reichweite sein. Mit einem Doppelzweier aus Schweinfurt, der mit den beiden besten Einerfahrern der Rangliste in Hamburg besetzt war, hatte starke Konkurrenz gegengemeldet. Und das Schweinfurt stark war, zeigten sie bereits auf den ersten 500 m. Fast zwei Bootslängen Vorsprung hatten die beiden herausgerudert. Aber es waren nicht Till und sein Partner Leonhard vom Lübecker Ruderklub, die auf Position zwei folgten. Die beiden ruderten nur an der vierten Position über die 500 m Marke. Auf den zweiten Streckendrittel fanden sie durch Kampf zurück ins Rennen und konnten deutlich ihr Tempo erhöhen, die beste Durchlaufzeit brachte sie auf Position zwei. Auf dem letzten Streckendrittel versuchten sie noch einmal alles, um die Führenden anzugreifen. Gleichzeitig mussten sie sich auch noch den Angriffen der Drittplatzierten aus Duisburg/Rauxel erwehren. Auf der Ziellinie sollte es zu Platz 2 und somit der Silbermedaille reichen. Ein erster verhaltener Jubel, schließlich hatte man auf die Goldmedaille spekuliert, wich schnell der Erkenntnis, dass man sich an diesem Tag einem besseren Gegner geschlagen geben musste. Entsprechend zufrieden war Till dann auch. „Wir sind nicht gut ins Rennen gekommen. Die Schweinfurter waren bereits nach dem Start mit 1 ½ Längen weg gespurtet. Mit viel Kampf sind wir ins Rennen zurückgekommen und haben dann doch Silber gewonnen.“ Für den DRC ist es nach vielen Jahren wieder die erste Medaille bei Deutschen Meisterschaften.
Nach langem Ausprobieren, einer Verletzungspause nach dem Ostertrainingslager, hatte Aaron Köster gemeinsam mit Fritz Düllmann von der Rudervereinigung Kappeln, vor vier Wochen den Schritt in den Zweier ohne gewagt. Da beide Sportler recht groß sind und auch noch im U19 Bereich ein Perspektive haben, sollte dieser Zweier als Projekt für den Herbst gebildet werden. Die Jugendmeisterschaften sollten daher nur ein Zwischenschritt sein, um weitere Erfahrung zu sammeln. Bereits in den ersten Trainingseinheiten deutete sich an, dass die beiden gut harmonieren und das gewisse etwas ins Boot bringen. Nach den Rennen in Hamburg konnte man ebenfalls eine positive Entwicklung ausmachen. Die Zielsetzung für Essen lautete daher, mindestens das Halbfinale zu erreichen. Nach einer Abmeldung aus dem Süden Deutschlands war man schon in die Top 12 gerutscht und hatte daher nur Vorlauf, Hoffnungslauf und Finale vor sich. Den Vorlauf haben Fritz und Aaron dann klassisch verschlafen und ersten auf den letzten 500 m ihr Potential gezeigt und noch ein Boot abgefangen. Wie wichtig dieser Platz 5 im Nachhinein war, sollte sich im Hoffnungslauf zeigen. Zur Überraschung aller fuhren sie das bisher beste Rennen in dieser Saison. Von Beginn an mitten im Geschehen dabei, ruderten sie mit einem Wahnsinnsendspurt auf Platz 2 ins Ziel. Der Jubel, sowohl bei den Sportler, als auch bei den Trainern war riesengroß. Damit hatte keiner gerechnet. „Das war das geilste Rennen, das ich bisher gefahren habe“, strahlte ein glücklicher Aaron im Ziel. Sie hatten sich für das A-Finale qualifiziert. Vor diesem war die Nervosität enorm groß. Leider wurde der Start wieder etwas verschlafen, aber auch die Konkurrenten waren enorm stark. Am ende konnte sie aber zufrieden über Platz 6 bei ihrer Premiere auf Deutschen Meisterschaften sein.
Nele Wöhlk war als Fünftplatzierte der internen Rangliste als Ersatzruderin für den Projektdoppelvierer des RVSH nominiert worden. Da die Position der Steuerfrau noch vakant war, sprang sie kurzfristig auf diesen Platz ein. Im Laufe der Trainingswochenenden entwickelte sie sich immer mehr zu einer konzentrierten und aufmerksamen Steuerfrau, die ihre Mannschaft immer besser führen konnte. Der Vierer mit Sportlerinnen aus Kappeln, Lübeck, Elmshorn und Rendsburg wollte ins Finale rudern. Dieses gelang mit starken Vorstellungen im Vorlauf und im Halbfinale. Aufgrund des Zeitvergleich war plötzlich sogar die Bronzemedaille in Reichweite. Nele legte vor dem Finale sogar noch zusätzliche Trainingseinheiten ein, um noch das eine oder andere Gramm an Gewicht einzusparen. Das Finale war ein schnelles Rennen, das von einer Renngemeinschaft aus Halle/Magdeburg dominiert und gewonnen wurde. Das Boot aus Schleswig-Holstein, der mit Abstand jüngste Vierer im Feld, konnte sich einen starken 4.Platz sichern. Auch, wenn anfangs die Enttäuschung übe reine verpasste Bronzemedaille den Sportlerinnen im Gesicht stand, waren sie später alle stolz auf die erbrachte Leistung. „Deutsche Meisterschaften sind schon etwas ganz anderes, meinte Nele nach den Rennen, hier sind wirklich die besten am Start und meine Mädels haben sich wirklich teuer verkauft.“
Im zweiten Boot des RVSH starte Finn Harder im Leichtgewichtsdoppelvierer ebenfalls das erste Mal auf Deutschen Meisterschaften. Da der erste Vierer die Saison bisher dominiert hatte, konnte man aufgrund der Zeitrelationen mit einer Teilnahme im Halbfinale spekulieren. Dafür mussten aber mindestens drei Boote geschlagen werden. Die Crew aus Kappeln, Ratzeburg, Rendsburg. Lübeck und Schleswig bewies schon im Vorlauf, dass das nicht utopisch war. Platz 3 im Vorlauf bedeutete die direkte Qualifikation ins Halbfinale. Voll auf Angriff ruderten sie im Halbfinale ebenfalls ein starkes Rennen und verpassten den Einzug ins Finale nur knapp. Die leichte Enttäuschung war aber angesichts der starken Leiostung schnell verklungen. Nachdem Boot 1 das Finale gewinnen konnte, zeigte auch die Mannschaft um Finn noch einmal, was in ihr steckt. Sie konnten das Finale-B gewinnen und die Meisterschaften auf Platz 7 beenden. Auch damit hatte im Vorwege so richtig keiner gerechnet. „Dafür, dass wir nur relativ wenig gemeinsame Kilometer hatten, waren wir hier wirklich auf den Punkt fit. Es war schon ein riesiges Erlebnis hier so gut rudern zu können“, war Finn Harder begeistert von der Leistung seines Teams.
Das restriktive Hygienekonzept mit täglichen Tests, Fiebermessen am Check-In, Maskenpflicht auf dem Gelände und einem komplett abgesperrten Athletenbereich war sehr gut organisiert worden von einen starken Team des Essener Ruderregattavereins. Regattaatmosphäre kam auch, dank der Streckenreportage und des Livestreams, endlich wieder auf. Neben den sportlichen Erlebnissen sind die Deutschen Meisterschaften immer auch ein Treffpunkt der Sportler und Trainer untereinander. So war unser ehemaliger Internatssportler und mehrfache Jugendmeister Jannik Möller, als Stützpunkttrainer am OSP Hannover mit mehreren Sportlern erfolgreich vertreten. Er ließ es sich aber nicht nehmen auch die Rennen der DRC´ler immer wieder intensiv zu verfolgen.
Schon zu sehen war auch der Fansupport vor Ort oder zu Hause am Livestream. Einige Eltern hatten Karten für die Tribüne ergattert, andere konnten wir zumindest an der Regattastrecke begrüßen und dank Internet wurden auch an der Schlei die Daumen gedrückt. Vielen Dank dafür.
Wer die Rennen verpasst haben sollte, kann sich diese im RE-Live auf https://sportdeutschland.tv/videos/rudern anschauen.