(Nord-)Frieslandtour ´19
von Diana Wagner
Elfsteden Roeimarathon & Coastal Rowing Amrum Challenge
Der größte Nachteil wenn man als einzige aus dem Verein zu einer Regatta fährt ist, dass man die Sache mit dem Bericht schreiben nicht einfach durch aktives Nichtstun an jemand anderen abschieben kann.
Also los…
Elfsteden Roeimarathon
Letztes Jahr in Otterndorf traf ich durch Zufall nach zehn Jahren einen Bekannten vom RC Süderelbe wieder. Wir schnackten eine Weile über dies und das und über diese und jene Regatta, und kamen dabei auch auf den Elfsteden Roeimarathon in Leeuwarden zu sprechen, bei dem die RCS-TUHH-Truppe schon seit Jahren teilnimmt. Dabei handelt es sich um einen 210km langen Rundkurs über 11 Städte durch Friesland der mit gesteuerten Gig-2ern gefahren wird, entweder im 12er-, 6er-, oder für ganz verwegene im 3er-Team. 3 Leute sitzen also immer im Boot, der Rest fährt mit dem Auto bzw Bus zur nächsten Wechselstelle, dann wird durchgetauscht.
Wir verblieben so, dass er sich meldet falls im nächsten Jahr ein Rollsitz frei sein sollte. Und tatsächlich kam im Frühjahr die Frage, ob ich über Himmelfahrt schon was vor hätte.
Hatte ich nicht, und so ging es am Mittwoch Abend zum RCS nach Harburg. Dort gingen wir nochmal mit ein paar 4ern und 2ern aufs Wasser und übten die verschiedenen für diese Veranstaltung nötigen Kommandos, Ruder lang für schmale Brücken, flach ins Boot legen für niedrige Brücken, einseitig lang machen, mit der anderen Seite weiter rudern und trotzdem geradeaus fahren für längere zu schmale Passagen und beliebige Kombinationen aus diesen Geschichten. Das ganze war zumindest bei uns im 4er noch relativ chaotisch und ich glaube wir schafften es kein einziges Mal alle auf den gleichen Schlag Ruder lang zu machen, aber zum Glück müssen sich in Leeuwarden ja nur zwei Ruderer koordinieren…

Anschließend wurde bis spät verladen, zwei Boote und das Geraffel und Gepäck für drei 12er-Teams mussten irgendwie auf dem Hänger Platz finden, Tetris für Fortgeschrittene.
Am Himmelfahrtmorgen ging es dann los, der erste Trupp samt Bootshänger machte sich auf die Socken und kam am Nachmittag beim ausrichtendem Verein an. Praktischerweise befand sich unser Zeltplatz direkt neben dem Verein, und somit auch beim Ziel des Marathons, der Start sollte 5km weiter im Stadtinneren sein. Den Rest des Tages verbrachten wir mit abladen, Boote riggern und Lager inklusive großem Küchenzelt aufbauen. Im Laufe des Abends trudelten auch die Reste, die Hannoveranerinnen sowie das dritte Boot von unseren zwei Mixed- (Team „King Julien“ und Team „Hamborger Tweemaster“) und einem Frauen-Team („Wickie und die starken Frauen“) ein.

Für den nächsten Tag stand so einiges auf dem Zettel. Die Teamchefs mussten zur Besprechung, die Boote mussten noch fertig vorbereitet werden (Beleuchtung, spezielle Spezialbeleuchtung als Erkennungszeichen an den Wechselstellen bei Nacht, der Wellenbrecher musste noch umgebastelt werden damit auch die Bugmänner genug Platz hatten um sich für die Brücken hinzulegen, Pumpen, Auftriebskörper, Wellenabweiser…), und jedes Team hat sich noch zum Wechseltraining und Stemmbretteinstellung festlegen getroffen. Die Wechsel sollten im Idealfall so aussehen, dass der Steuermensch das Boot auf das Ufer zum Landteam zusteuert, auf der landzugewandten Seite werden die Skulls lang gemacht und zwei Leute ziehen das Boot mit langen Haken aus der (zum Teil vollen) Fahrt heraus ran bzw stoppen es bevor sich der Bug in die Uferbefestigung bohrt. Die nächste Mannschaft hilft den fertigen Ruderern aus dem Boot, bekommt wiederum von diesen Hilfe beim Einsteigen, macht die Füße fest und sobald beide Ruderer die Hände an beiden Griffen haben ist dies das Zeichen für die Hakenleute das Boot mit Schwung wieder raus auf den Kanal zu schieben. So zumindest die Theorie, gelegentlich ging es dann im Rennen doch etwas drunter und drüber, vor allem als die Konzentration durch die Müdigkeit immer mehr beeinträchtigt wurde, und mühevoll aufgeholte Meter gingen wieder flöten. Bei diesem Ablauf würde es natürlich stören wenn jeder erst noch am Stemmbrett rumbasteln müsste, also gab es auf dem Bugplatz eine Universaleinstellung für die großen Leute und auf Schlag eine für die kleinen. Da wir Größentechnisch zwei Ausreißer bei uns im Team hatten gab es zusätzlich noch die XS-Einstellung, gelegentlich musste also doch geschraubt werden, aber auch das wurde im Verlauf des Rennens immer effektiver.
So rödelte jedes Team den ganzen Tag vor sich hin, zwischendurch gab es Mittag, viele gönnten sich noch eine Portion Schlaf, die Karten mit dem Streckenverlauf wurden mal mehr mal weniger intensiv studiert, jeder packte seine Kiste mit Sachen und Verpflegung zum mitnehmen im Bus und für die ersten 8 Etappen wurden die Mannschaften festgelegt. Die Wechselpunkte sind frei wählbar, wir fuhren die Strecke alle in 24 Etappen die zwischen 6 und 11,8km lang waren. Jedes Team hatte in Bus und Boot einen Hefter mit Karten dabei wo die Wechselpunkte, die 13 Stempelstellen (wichtig, wer im Ziel nicht alle Stempel vorzeigen kann hat was falsch gemacht und verkackt) und noch diverse nützliche Hinweise (Brückenhöhen und -breiten, Toiletten, leicht zu verpassende Abzweigungen, „hier Wildpinkeln verboten, bei erwischt werden gibt’s eine Zeitstrafe“) eingetragen sind. Dadurch war die Wahrscheinlichkeit sehr hoch dass das Landteam auch an der Stelle auf das Boot wartete wo dieses vorhatte anzulegen, alles andere wäre doch recht unpraktisch gewesen, soll wohl aber auch schon vorgekommen sein.

Gegen 19:00 Uhr wurde schließlich das Boot ins Wasser geschmissen, und ich gehörte zu der Truppe die die quasi nullte Etappe zum Start in die Stadt reingefahren ist. Dort angekommen bot sich ein schickes Bild, 107 Boote lagen und fuhren kreuz und quer auf ca 500m Kanal, eine Schute mit einer Blaskapelle drauf trieb durch dieses Gewusel und sorgte für eine schwungvolle musikalische Untermalung („Bella Ciao“ gefolgt von „Aber bitte mit Sahne“), und geschätzt alle der 107 Boote wollten noch einmal anlegen um die Überführungscrew gegen die Startmannschaft auszutauschen, was natürlich gelegentlich zu einem gewissem Geschiebe und Gedrücke führte, aber letztendlich haben es anscheinend alle geschafft. Dort zeigte sich auch, dass der Hinweis in unseren Karten „Vor dem Start nochmal zum Klo – Ja, es gibt auch Erwachsene denen man das sagen muss“ vollkommen berechtigt ist, kurz vor knapp musste ein Boot nochmal hektisch am Ufer wo eh kein Platz war anlegen und einer ist losgesprintet, bei denen hat das wohl keiner vorher angesagt. Nach einem kurzem offiziellem Grußwort wurde ab 20:00 Uhr in ca 10-Sekunden-Abständen gestartet. Von uns waren als erstes „Wickie und die starken Frauen“ dran, danach mein Team, „Hamborger Tweemaster“, und als letztes „King Julien“.
Sobald unser letztes Team auf der Strecke war ging‘s zum Bus und ab zum nächsten Wechselpunkt. Auf den ersten Etappen war es auf dem Wasser noch ein großes überholen und überholt werden, mit der Zeit sortierte es sich dann aber und man fuhr irgendwann in einem Dunstkreis von Bekannten.
Zur dritten Etappe fing es an dunkel zu werden, es war also angebracht die Beleuchtung einzuschalten, vor allem weil es sich bei der dritten und vierten Etappe um den Schlenker nach Dokkum handelte und dadurch ein reger Gegenverkehr herrschte. Wir haben‘s verpaddelt und durften laut rufend und mit den langen Haken in der Hand dem Boot hinterhersprinten um es nochmal zum Licht anknipsen ranzuholen, aber dann ging es endlich weiter.

Mit der vierten Etappe kam nun mein erster richtiger Einsatz. Kurz vor dem Wechsel drang dann auch mal zu mir durch dass es sich bei dieser um die längste von den 24 handelt, 11,8 km, aber da war dann nicht mehr viel Zeit um sich an den Kopf zu fassen und zu fragen wie man so doof sein konnte das zu übersehen, das hätte ich jetzt eigentlich nicht unbedingt gebraucht. Aber Dank meines phänomenalen Mangels an Fitness hörten die Oberschenkel schon nach zwei Kilometern auf sich zu beschweren und es ging einfach immer weiter, und wenn die Schlagzahl doch mal etwas absackte kam zum Glück gleich aus dem Bug Bescheid. So waren wir anscheinend echt recht fix unterwegs, und nachdem wir uns ungefähr 6km lang vom Steuermann anhören mussten dass wir immer weiter rankommen (6km lang! Da kommt man sich mit der Zeit schon etwas verarscht vor, aber nützt ja nix, was soll er sonst sagen, und ein paar 100m holen sich nun mal nicht in 20 Schlägen auf) hatten wir auch endlich das erste von den Booten vor uns überholt. Dem folgten noch zwei weitere und irgendwann war es tatsächlich geschafft. Erstmal.
Mittlerweile war es auch zappenduster, und das hat Tradition. Da Leeuwarden immer am Freitag nach Himmelfahrt stattfindet und sich Himmelfahrt an Ostern und Ostern am Mond orientiert, hat man immer eine mondfreie Nacht. Zum Rudern fand ich das sehr angenehm, für die Steuerleute bedeutete das aber eine immense Verantwortung und Herausforderung. Es galt nicht nur Kollisionen mit Brückenpfeilern und anderen Teilnehmern zu vermeiden, sondern auch die richtigen, zum Teil schwer erkennbaren Abzweigungen zu erwischen, ansonsten konnte es zu üblen Umwegen kommen. Außerdem sorgt diese von keinem Mondlicht gestörte Dunkelheit auch für ein buntes Treiben an den Wechselpunkten. Bei den Wiederholungstätern unter den Teilnehmern waren die Stellen wo man besonders gut mit Auto und Boot zusammenkommt natürlich bekannt und beliebt, daher herrschte dort ein reger Betrieb. Und damit die Boote an der richtigen Stelle im spitzen Winkel auf die Uferbefestigung zurasen, nämlich dort, wo sie auch von ihren Teams eingefangen werden, hatten sich diverse Mannschaften verschiedenste Taktiken zurechtgelegt. Wickie alias Chris stand mit einem hell erleuchtetem Weihnachtsmann im Arm und einem pink gehörntem Wikingerhelm auf dem Kopf am Ufer um seinen starken Frauen den Weg zu weisen, unser Tweemaster wurde mit einem grünen Leuchtstab eingewiesen (passend zur speziellen Spezial-Landteam-Erkennungsbeleuchtung am Boot, der Bug wurde für die Wechsel immer in grünes Licht gehüllt), es gab an langen Angelruten weit auf den Kanal rausbaumelnde asiatische Laternen, wilde bunte Blinkgeschichten, und ein Team bediente sich der Fledermaus-Echolot-Taktik, einfach regelmäßig den Teamnamen in die Finsternis brüllen („GANS ODER KRANICH!!“), bis irgendwann vom Wasser die richtige Antwort kommt.
So ruderten wir uns durch die Nacht, auch Sneek mit seinen berühmt-berüchtigten sehr flachen und schmalen Brücken und Abzweigungen wurde von einer erfahrenen Elfsteden-Mannschaft ohne Unfälle und Umwege gemeistert. Zwischen den Wechseln konnte man immer mal versuchen im voll besetztem Bus ein Viertelstündchen zu schlafen. Mir gelang das ganz gut, so einigen anderen eher nicht. Gegen Morgengrauen kamen wir auf die Schwimmwestenpflichtigen Etappen ab Sloten. Von dort bis Stavoren ging es über einige größere Seen, verbunden durch Kanäle welche an vielen Stellen ca 5cm zu schmal zum Rudern sind, was zu einem ziemlichen geeier führte. Die Seen selber können mitunter wohl recht garstig sein, wir hatten aber Glück mit Wind und Welle, es blies nur leicht von vorn, nichts was unser robustes Boot hätte aufhalten können. Ein Brückenpfeiler war dagegen eine ganz andere Hausnummer. Als es wieder in die Kanäle ging versteckte er sich einfach hinter dem breitem Kreuz des Schlagmanns, so dass er sich von der Steuerfrau unbemerkt nähern konnte und es schließlich krachte. Aber der Brückenpfeiler-Abweisedraht machte seinen Job, so schepperte es nur am Ausleger und nicht am Rumpf. Trotzdem musste ein kleinerer Reparaturstopp eingelegt werden, aber wir hatten alle mit etwas wesentlich schlimmerem gerechnet als uns andere Boote Bescheid gaben dass unseres grad mit einem technischen Problem zu tun hat und deshalb noch etwas braucht.
Mittlerweile brezelte die Sonne auch ordentlich vom Himmel. Was anfangs noch eine willkommene Abwechslung zum frieren während der Nacht war wurde mit der Zeit immer anstrengender, da es auf den zum Teil kilometerlang schnurgerade verlaufenden Kanälen auch null Schatten und keinen Wind mehr gab. Da lief einem der Schweiß (samt Sonnencreme) in die Auge und die rutschigen Griffe wollten einem aus den Fingern flutschen. Als wir solch eine Etappe mit haufenweise 90° Kurven, wo man nach jeder das Boot wieder anschieben musste und einem vom ständigem mal Backbord mal Steuerbord Überziehen die Arme lang wurden, endlich überstanden hatten, wurde uns an Land ein Wassereis in die Hand gedrückt. Ich weiß nicht wer aus unserem Team auf die Idee kam eine Familienpackung davon zu besorgen, aber es war die beste des Tages, und noch nie hat ein Eis so gut geschmeckt.

Nun ging es auch langsam auf’s Ende zu, die letzten Etappen mussten noch verteilt werden. Die vergangenen Jahre wurde sich wohl immer um das letzte Stück zum Ziel gerissen, das war bei uns dieses Jahr so garnicht der Fall. Lag wahrscheinlich an der Länge dieses Abschnitts, denn da alle schon mehr oder weniger übermüdet und angeschallert waren und die meisten ordentlich offene Hände hatten, waren alle eher auf die beiden 6km Etappen davor scharf und nicht auf die knappen 10km zum Schluss. Letztendlich gehörte ich dann mit zu der Mannschaft die für den Endspurt zuständig war. Unser Steuermann ist die Etappe davor noch selber gerudert, ließ sich also einfach vom Schlag- auf den Steuerplatz rüberplumpsen, wir anderen beiden hüpften ein letztes Mal ins Boot u nd los ging es wieder nach Leeuwarden rein. Zwischendurch stand unser Team nochmal an Land und hat lautstark angefeuert, und nach diversen Kurven und Brücken war es dann irgendwann geschafft, für die 210km waren wir 20:27:15 unterwegs gewesen. Am Steg nach der Zieldurchfahrt wartete der Rest der Tweemaster-Mannschaft, und gemeinsam gönnten wir uns das obligatorische Ziel-Bier und das traditionell vom Veranstalter spendierte Stück Torte (diese Reihenfolge sollte man auch besser einhalten, manche haben zuerst die Zuckerbombe gegessen und danach versucht das Bier zu trinken, sah nicht nach Genuss aus). Eine Dusche und das üppige Büffet am Abend vervollkommneten unser Glück, und das was vom Tag noch übrig war wurde dann gemütlich bei unseren Zelten verbracht.
Am nächsten Tag ging es dann ans Boote abriggern und Busse entrümpeln. Die anfangs sehr systematische Kistenordnung haben wir natürlich nicht den ganzen Marathon über durchgehalten, irgendwann flog alles durcheinander und konnte auch von allen genutzt werden. Irgendjemand beschrieb das noch ganz treffend, in Leeuwarden herrscht Kommunismus, da ist alles für alle, in Hamburg sortiert man dann wieder auseinander.
Gegen Mittag waren tatsächlich beide Boote und alles an Gerümpel verladen, alle waren auf die Busse und Autos verteilt, und so konnte es zum Abschluss mit einem größerem Teil der Gruppe noch zum gemeinsamen Frikandel (fritierte Hackröllchen) essen gehen. Im Supermarkt wurde sich dann mit nationalen Spezialitäten wie Vla und Hagelslag eingedeckt, und anschließend trennten sich die Wege. Die meisten machten sich auf die Socken Richtung Hamburg/Hannover, meine Reisegruppe fuhr für den Nachmittag noch an den Strand, wohlverdientes in der Sonne lümmeln, baden und das Wochenende ausklingen lassen.
Ich hätte nicht gedacht dass man in Gig-Booten so sportlich unterwegs sein und so viel Spaß haben kann. Es war eine großartige Veranstaltung mit einer tollen Truppe, und ich werde mir auf jeden Fall das Himmelfahrtswochenende im nächsten Jahr frei halten, vielleicht ist ja wieder ein Plätzchen über.
Coastal Rowing Amrum-Challenge
Im Mai schickte mir Annika, eine alte Freundin aus Schul-und Ruderzeiten in Hamburg, die Frage, was ich denn für Pfingsten so geplant habe, zusammen mit der Ausschreibung für eine Coastal-Regatta auf Amrum. Diese fand zwar gleichzeitig mit Hadersleben statt, aber da dort die Ausschreibung im A-Seniorenbereich eh nicht so der Hit ist und ich mich in Otterndorf schon so fürchterlich mit den 1000m gequält hatte klang der Inselvorschlag schon verlockend. Wir waren uns auch sehr schnell einig dass wir uns die für den Samstag angesetzten 2000m Rennen lieber sparen, dafür müsste man vielleicht doch vorher etwas trainieren, und haben dann einfach mal für den 500m Sprint am Sonntag einen 2er gemeldet.
An Himmelfahrt kam auch schon das Meldeergebnis, wir waren in einem Lauf mit einer Renngemeinschaft aus Welt- und Vizeweltmeisterin im Coastalrowing, da konnte ja nix mehr schief gehen. Dort konnte man aber auch sehen dass der Sprint-Einer richtig mit Vorläufen ausgefahren wird, was natürlich auch eine spaßige Angelegenheit sein kann, und so haben wir dafür auch noch spontan nachgemeldet. Zu dem Zeitpunkt war ich dann nämlich auch mal drauf aufmerksam gemacht worden dass es sich bei Amrum um eine echte Insel handelt, nicht sowas wie Rügen oder Römö wo man einfach mit’m Auto rüber fährt, sondern richtig mit Fähre, da ist es ja schon schöner wenn sich der Aufwand auch lohnt und man mehr als nur einmal kurz für 500m Spaß hat.
Am Pfingstsamstag trafen wir uns an der Fähre in Dagebüll, Nordfriesland. Annika hatte noch zwei andere Wandsbeker dabei, und so ging es zu viert bei ordentlich Wind und Welle auf große Fahrt Richtung Amrum. Dort musste Annika gleich weiter ans andere Ende der Insel zur Obleutebesprechung, wir restlichen drei haben erstmal Fahrräder ausgeliehen und sind mit Sack und Pack zum örtlichen Campingplatz, wo wir bei mittelschwerem Sturm die Zelte aufgestellt haben.
Für diesen Tag wurden wegen besagtem Sturm alle 2000m-Rennen abgesagt, und so haben wir die restliche Zeit damit verbracht mit den Fahrrädern über die Insel zu fahren und uns am Strand ordentlich den Sand um (und in) die Ohren pusten zu lassen. Abends gab es noch ganz vorbildlich Nudeln mit Pesto vom Campingkocher, danach ging es ins wackelnde und sich schüttelnde Zelt, welches im Gegensatz zu so manch anderer Behausung hartnäckig dem Wetter getrotzt hat.

Über Nacht legte sich irgendwann der Sturm und am Morgen hatten wir es dann nicht sonderlich eilig, die Veranstalter wollten versuchen möglichst viele von den ausgefallenen Samstagsrennen nachzuholen. Unsere Einer waren für mittags angesetzt, der 2er für nachmittags. Als wir am Strand ankamen haben wir erstmal unsere mitgebrachten Flaggen gehisst und konnten dann noch ein 4er-Rennen sehen, bei welchem aber wegen der extrem niedrigen Ebbe so viele Boote auf Sandbänke aufgelaufen sind, dass wieder verschoben und auf mehr Wasser gewartet wurde. Wegen dem geringeren Tiefgang wurden die Einer nach der Zwangspause als erstes gestartet, und ich war auch gleich im ersten Vorlauf dran. Das hatte den Nachteil dass ich nicht noch kurz bei anderen Läufen luschern konnte wie man das denn jetzt am dümmsten anstellt. Der 500m Beachsprint sollte so ablaufen dass man auf dem Strand startet, zu seinem Boot ins Wasser rennt welches dort in der Brandung von ein paar Helfern gehalten wird, einsteigt, durch die Brandungswelle ca 250m weit zu einer Boje rausfährt, dort um diese wendet und mit der Welle zurück zum Strand rudert. Dort steigt man wieder aus (das hört sich jetzt kontrollierter an als es tatsächlich war) und sprintet den Strand hoch zur Ziellinie. Klang soweit erstmal nicht zu kompliziert.

Völlig unbelastet von jeglicher Erfahrung mit solchen Booten und dem Rudern in der Brandungswelle ging es dann also für mich los. Läuferisch konnte ich gleich überzeugen, war als erstes im Boot und unterwegs nach draußen. Gegen die Welle lief es tatsächlich auch ganz gut, nur das Zielen auf die Wendemarke klappte nicht so richtig gut, ich kam ca 2m neben meiner Boje an, das aber immerhin gleichzeitig mit der Weltmeisterin aus der Ukraine. Beim Wenden selber hab ich mich dann ewig aufgehalten, und der Rückweg war auch nicht sonderlich glorreich. Nach den ersten paar Schlägen hat mich gleich eine Welle quer gedreht, und das passierte auch noch ein paar Mal mehr, gelegentlich war es auch knapp vorm kentern. Außerdem gab es durch das auflaufende Wasser auch noch eine recht starke Strömung parallel zum Strand, man musste also aufpassen dass man überhaupt wieder im Start/Ziel-Bereich ankommt und nicht viel weiter unten. Nach einer ziemlichen Ackerei reichte es aber tatsächlich für den 2. Platz in meinem Lauf, es bestand also die Hoffnung unter die schnellsten 8 und damit eine Runde weiter zu kommen. Annika war im letzten Vorlauf und gewann diesen dann mal eben. Nach unseren Rennen waren noch die Vorläufe der Männer, da konnten wir nochmal schauen wie man das denn macht wenn man’s kann. Das erwies sich als sehr aufschlussreich und hat auf jeden Fall beim nächsten Rennen geholfen.
Nachdem alle Einerläufe durch waren kamen erst nochmal Vierer dran, diese Zeit konnten wir nutzen um unsere Hintern ein wenig in die Sonne zu halten, in der Hoffnung dass die Einteiler wieder trocknen. Zwischendurch wurden noch die Ergebnisse der Vorläufe bekannt gegeben, Annika hatte die dritt-, ich die viertschnellste Zeit, waren also beide in der nächsten Runde. Anscheinend war es also besser als gedacht gelaufen. Eigentlich sah der Plan dann vor dass es im KO-System weitergeht, aber auf Grund der vormittäglichen Wasser- und dadurch bedingten allgemeinen Zeitknappheit wurden nur noch Halbfinale und Finale ausgefahren, jeweils mit 4 Booten pro Lauf.
Diesmal erwischte Annika das erste Halbfinale, und durfte sich unter anderem mit der Coastal-Weltmeisterin und einer letztjährigen J-WM-Teilnehmerin aus Berlin um die zwei Finalplätze prügeln. Das machte sie auch verdammt gut. Die Ukrainerin bekam dann an der Wendemarke noch Probleme mit ihrem Rollsitz, und so qualifizierten sich nach einigen schicken Surfeinlagen Wandsbek vor Berlin für das Finale.
Danach kam ich dann an die Reihe. Der Sprint zum Boot gelang wieder gut, und obwohl ich mich in der Welle einmal lang gemacht hatte kam ich als erstes los, und anstatt mich wieder so tot zu machen hab ich mich diesmal mehr mit dem Treffen der Boje befasst. Auf dem Weg dahin überholte mich zwar die niederländische Vizeweltmeisterin, aber die anderen beiden lagen weiter zurück. Die Wende kostete wieder ewig viel Zeit (trotz sauber angepeilter Wendemarke), aber die Fahrt mit den Wellen lief diesmal wesentlich besser. Der Trick besteht darin in dem Moment wo man merkt dass die Welle anfängt zu schieben mit kurzen schnellen Schlägen möglichst lange auf dieser drauf zu bleiben, und sobald man direkt hinter der Welle war sich nicht zu stressen, gegen den Sog kam man eh nicht an. Und natürlich sollte man es vermeiden sich quer drehen zu lassen, und einigermaßen den Zielbereich am Strand treffen schadete auch nicht. Das klappte unterm Stich auch alles ziemlich gut und vor allem um Welten besser als im Vorlauf, und so hab ich‘s tatsächlich als Zweitplatzierte ins Finale geschafft, sehr zu meiner eigenen Überraschung.
Nachdem die beiden Halbfinals von den Männern durch waren ging es für uns auch gleich mit dem Endlauf weiter. Auf dem Weg zum Boot waren Annika und ich relativ gleich schnell, und nach kurzen Meinungsverschie-denheiten mit meinen Fußschlaufen ruderte ich kurz nach ihr, aber vor den beiden anderen los. Erstaunlicherweise kam ich als erstes und dazu auch noch gut gezielt an der Wendemarke an, und da wurde es dann ein ziemliches Gedränge, vier Boote wollten sich um zwei Bojen quetschen. Annika war auf der einen Seite, von der anderen Seite kam die Niederländerin angeschossen, und ich steckte auf einmal zwischen beiden fest und bin unterm Strich mit ca drei bis vier längen Rückstand als vierte wieder Richtung Strand unterwegs gewesen, im Prinzip eine Platzierung mit der ich von Anfang an eh gerechnet hatte. So ruderte ich vor mich hin, versuchte noch das beste draus zu machen, und dann saß ich auf einmal ewig auf einer Welle drauf die mich sowohl an der Berlinerin als auch an Annika vorbeigeschoben hat. Dann kurz vorm Strand Hals über Kopf aus dem Boot gepurzelt, aus dem Augenwinkel gesehen dass Annika gerade mit dem gleichen Manöver beschäftigt ist, und mit Vollgas hoch zur Ziellinie. Zweiter und Dritter für uns beide stand fest, etwas worüber wir uns schon tierisch gefreut haben, nur wer von uns beiden auf welchem Platz gelandet war erfuhren wir erst bei der Siegerehrung, wo es dann hieß Amsterdam vor Schleswig vor Wandsbek, hoppla, man muss auch mal Glück haben. Und schnell laufen können.
Nach der Siegerehrung der Einer war es das dann auch, da es mittlerweile schon Abend geworden war mussten die restlichen Rennen ausfallen, unter anderem auch unser Zweier. Schade, das wäre nochmal interessant gewesen.
So haben wir uns zum Abschluss noch einmal gemeinsam in die Wellen gestürzt, sehr zur Freude des Hundes, endlich durfte er mitspielen.
Insgesamt war es trotz (oder auch wegen) der Wetterkapriolen und der zwischenzeitlichen Wasserknappheit in der Nordsee ein sehr gelungenes Wochenende, und dann auch noch aus Versehen so erfolgreich. Das Coastalrudern ist eine echt spannende Abwechslung zu den sonst üblichen 500-2000m Rennen, und gerade das Sprintformat mit Start/Ziel am Strand sorgt für Spaß und Spannung sowohl für Teilnehmer als auch für Zuschauer.
Nun hoffen wir dass sich die Nordsee nächstes Jahr auch wieder von ihrer besten Seite zeigt, denn ohne ein paar ordentliche Brecher lohnt es ja nicht in solch breite Boote zu steigen.
